2. SONNTAG DER OSTERZEIT

 

Evangelium nach Johannes (20,19-31)

 

Wir haben Ostern gefeiert: Das Fest der Auferstehung Jesu, seiner Auferweckung durch Gott zu neuem Leben. Dieses Geschehen ist aber zu überwältigend, zu tiefgreifend für unser jetziges Leben, als dass eine einzige Feier genügen würde, um seine Bedeutung für uns zu erfassen. Die ersten Christen haben dazu länger gebraucht Sie haben einen Entwicklungs- und Reifeprozess durchgemacht. Das gilt auch für uns. Deswegen hören wir uns in den kommenden Wochen Sonntag für Sonntag eine Auferstehungserzählung an und versuchen sie zu verstehen, um so Schritt für Schritt von der tiefen Bedeutung der Auferstehung ergriffen, erfasst zu werden.

 

An verschiedenen Stellen in den Evangelien wird der Zweifel der Jünger erwähnt. Petrus hat sich davon überzeugt, dass das Grab leer ist, aber er weiß nicht so gut, was er davon halten soll. Am Ende des Matthäusevangeliums wird gesagt: „Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, zu dem Jesus sie bestellt hatte. Als sie ihn sahen, warfen sie sich vor ihm nieder, doch einige hatten auch Zweifel.“ In Lk. 24 heißt es: Als die Frauen den Aposteln sagten, was sie erlebt hatten, hielten die es für leeres Gerede und wollten ihnen nicht glauben. Und auch die zwei Jünger, die unterwegs nach Emmaus sind, wissen nicht wie sie das ganze Geschehen mit Jesus in Jerusalem deuten sollen.

 

Jetzt haben sich die Jünger dort eingeschlossen, wo sie waren - bevor sie Jesus verloren haben. Vielleicht im Abendmahlssaal? Sie haben Angst vor Verfolgung. Und da machen sie die Erfahrung, dass Jesus mitten unter ihnen ist. („Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“) Nicht irgend ein Geist erscheint ihnen. Es ist derselbe Jesus, den sie vor seinem Tod gekannt haben und der gekreuzigt wurde. Er zeigt ihnen ja seine Wundmale. Er ist real-körperlich da, aber trotzdem anders, denn mit einem normalen Körper kann man nicht durch verschlossene Türen gehen. Es ist der ihnen vertraute Jesus, aber in einer verwandelten Körperlichkeit.

 

Was sagt dieser Jesus nun zu seinen Freunden, die ihn im Stich gelassen haben und geflüchtet sind? In ihnen, in ihrem Inneren, soll Frieden einkehren. Sie sind durcheinander, aufgewühlt, verwirrt, vielleicht auch mit Schuldgefühlen. Jesus bietet ihnen Versöhnung an: Es soll zwischen uns alles wieder gut sein. Unsere Beziehung soll wieder gut sein, und dadurch auch eure Beziehung zu Gott, den ich vertrete. Lasst euch mit Gott versöhnen! Mehr noch: „Wie mich der Vater in diese Welt gesandt hat, so sende ich jetzt euch in die Welt!“ Es ist nun eure Aufgabe das Versöhnungsangebot Gottes, das ich euch gebracht habe, der Welt, den Menschen, weiterzugeben. So sollen alle den inneren Frieden finden.

 

„Acht Tage darauf“, also wieder am Sonntag, sind die Jünger wieder zusammengekommen. Der Sonntag ist schon der Versammlungstag der Christlichen Gemeinde. Die Gegenwart des Auferstandenen - so will das Evangelium sagen - kann im Gottesdienst der Gemeinde in besonderer Weise erfahren werden. Jetzt ist auch Thomas dabei. Thomas hat die Erfahrung der anderen Jünger mit Jesus als „unglaubwürdig“ abgetan. Er ist nüchtern, er ist Realist. Jetzt macht er seine eigene Erfahrung. Thomas erschaudert: nicht nur, weil er Jesus von Nazareth als lebendig erfährt, sondern weil er die Erfahrung macht, dass in Jesus Gott selbst auf ihm zukommt. „Mein Herr und mein Gott!“

 

Was lehrt uns das Ganze? Die Berichte von Jesu Erscheinungen nach Ostern stammen von zuverlässigen Zeugen, die nicht leichtgläubig, sondern kritisch waren. Ihre Glaubwürdigkeit haben sie nachher bekommen durch ihre ganze Lebensweise: Viele sind für den Glauben an den auferstandenen Jesus in den Tod gegangen. Das tut man nicht für irgendeinen Traum oder für ein Phantasieprodukt. Deswegen ist ihre Botschaft von Ostern glaubwürdig. „Selig, der in Zukunft glauben wird, ohne mich zu sehen.“ - Nur auf das Zeugnis dieser Menschen hin. Das ist die Botschaft des Johannes an die Christen seiner Zeit , die Jesus nicht gesehen und gekannt haben (ca. 100 n. Chr.). Das ist auch seine Botschaft an uns heute.

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